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Zum 100. Geburtstag von Paulo Freire

(Gipser/Haubner, 2021)

Wenn Poesie zu einer wesentlichen und der Welt zugewandten Verpflichtung gemacht werden könnte, wenn Leidenschaft und Lebensfreude zu Grundlage jeden intellektuellen und praktischen Engagements werden würden, dann ließen sich solch erstaunliche und seltene Wandlungen nirgendwo besser als in dem Werk des brasilianischen Erziehungswissenschaftlers und Pädagogen Paulo Freire beobachten.“ (MacLaren)

Lebenslauf

Paulo Freire wurde am 19.09.1921 in Recife geboren. Aus bürgerlichem Hause studierte er dort Rechtswissenschaft. 1959 Promotion. Er arbeitete als Rechtsanwalt, Lehrer und Professor für Pädagogik. 1961 begann er mit Alphabetisierungskampagnen. Nach dem rechten Militärputsch wurde er 1964 für 70 Tage ins Gefängnis gesteckt und danach gezwungen ins Exil zu gehen: zunächst in Chile, dann in den USA und in der Schweiz. 1970 ging Paulo Freire nach Genf und arbeitete als Berater des Ökumenischen Rates der Kirchen.

1980 konnte er nach Brasilien zurückkehren.

Neben zahlreichen Auszeichnungen erhielt Freire Ehrendoktortitel von 27 Universitäten weltweit und wurde Ehrenbürger verschiedener Städte in unterschiedlichen Ländern sowie Ehrenpräsident mehrerer Institutionen im Bereich der Bildung. Sein bekanntestes Buch: Pädagogik der Unterdrückten wurde in 18 Sprachen übersetzt. Paulo Freire wurde weltweit bekannt und fand in der Praxis der Bildungsarbeit international ein großes Echo. Er starb am 02.05.1997 in Sao Paulo.

Seine Botschaft

Paulo Freire verstand Pädagogik immer als politisches Projekt, welches auf Umwandlung der Gesellschaft gerichtet ist. Er hat pädagogische und soziale Bewegungen in der ganzen Welt beeinflusst und wurde für die Begründung und Tradierung von Kritischer Erziehungswissenschaft bedeutsam. Seine pädagogische Konzeption geht von Ehrfurcht und Demut vor dem Menschen aus und ist von tief empfundenem Respekt getragen. Dies verkörpert gegenseitiges Vertrauen und Solidarität in Bildungsprozessen.

In Deutschland

Paulo Freire löste in den 1970er Jahren eine Welle von Resonanz aus, die Menschen unterschiedlicher Profession, aber ähnlicher Gesinnung und Ziele zusammenführte. Auch an einigen Hochschulen wurde das Denken Paulo Freires rezipiert und weitergedacht, z.B. an den Universitäten Hamburg und Hannover. Die Anziehungskraft Paulo Freires und seiner Ideen lag in Deutschland in der Verheißung eines angestrebten gemeinschaftlichen Weges zum Wandel der Welt. Die Wirkung der Ideen Freires ebbte in Deutschland immer mehr ab während sie in anderen Ländern neuen Schwung in die Bildungseinrichtungen brachte, wie in den USA und Mittel- und Südamerika.

Paulo Freire hat heute am ehesten Einfluss in den Bereichen Bürgerinitiativen, Gemeinwesenarbeit und Bereichen der Sozialen Arbeit. In der Praxis werden die Ansätze Paulo Freires in der von Augusto Boal inspirierten Theaterarbeit umgesetzt, in Fort- und Weiterbildungsseminaren oder in vereinzelten Veranstaltungen an Hochschulen.

Freire ist vor allem deswegen relevant, weil er der Erfahrung und Lebenswirklichkeit aller Menschen als Gestalter von Kultur und Wirklichkeit eine Bedeutung beimisst.

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